Mit sehr großer Verwunderung mussten wir feststellen, dass das erst am 07.11.24 veröffentlichte „Handlungskonzept Wohnen 2024 der Stadt Mülheim“ dem Stadtrat bei seiner nächsten Sitzung am 05.12.24 nicht zuerst zur Beratung vorgelegt wird, sondern direkt als Beschlussfassung eingebracht werden soll.
Dies wäre nach unserem Verständnis eine klare Missachtung der gesetzlichen Bestimmungen, denn damit ist die Stadt verpflichtet, die darin festgehaltenen Wohnraumbedarf-Zahlen bei allen zukünftigen Planungen zu berücksichtigen. Damit wird die Bereitstellung von bis zu 680 Wohneinheiten in der sogenannten „Parkstadt Mülheim“ quasi gesetzlich zementiert, ohne dass über alternative Planungen diskutiert wurde.
Wir halten es für unverantwortlich, eine Entscheidung über ein Konzept mit langfristigen Auswirkungen für die Stadtteile Speldorf und Broich, ohne ausreichende Prüfung durch die Ratsmitglieder herbeizuführen. Die vollmundig vom Planungsdezernenten Blasch versprochenen Bürgerbeteiligungen würden, sofern sie denn noch stattfinden sollten, nach dem Beschluss allenfalls zu einer Farce.
Daher haben wir einen Antrag für die Rücknahme der Beschlussvorlage und deren Umwandlung in eine Berichtsvorlage eingereicht. Dies würde dem Rat sowie den betroffenen Bürgerinnen und Bürgern die Gelegenheit geben, die erhobenen Einwände und die grundlegenden Daten des Konzepts sorgfältiger zu prüfen. Wir sehen hierin die einzige Möglichkeit, den im Raum stehenden Vorwurf eines „Gefälligkeitsgutachtens“ zu entkräften und Vertrauen in die politischen Entscheidungsprozesse zu bewahren.
Unsere sonstigen Kritikpunkte an diesem Konzept werden wir kurzfristig veröffentlichen.
Nachfolgend unser Antrag im Original.
An den Rat der Stadt Mülheim an der Ruhr fristgerecht zum 05.12.2024
über die Verwaltung der Stadt Mülheim an der Ruhr
Beschwerde und Anregung gemäß §24 Gemeindeordnung NRW über die Beschlussvorlage Nr.: V24/0698-01 zum Handlungskonzept Wohnen 2024
Sehr geehrte Damen und Herren,
mit Erstaunen haben wir festgestellt, dass das erst kürzlich veröffentlichte Handlungskonzept Wohnen 2024 der Stadt Mülheim mit einem Umfang von über 110 Seiten dem Rat der Stadt nicht erst als Berichtsvorlage vorgestellt wird, sondern sofort als Beschlussvorlage!
Gegen diese Beschlussvorlage legen wir gemäß §24 GO Beschwerde ein!
Begründung
Das vom MWB in Auftrag gegebene gesamtstädtische „Handlungskonzept Wohnen 2024“ lässt bzgl. des Auswertungsumfangs noch erhebliche Fragen offen. Unabhängig davon wird ein Betrachtungshorizont bis 2045 gewählt, über das ein über 500 Wohneinheiten höherer Bedarf abgeleitet wird, als der RVR 2022 ermittelt hatte. Über einen so langen Zeitraum betrachtet können geringste Fehlprognosen zu einem erheblichen Fehler führen. Trotzdem weiß der Gutachter Neitzel als wesentliches Ergebnis seines „Handlungskonzeptes“, dass es städtebaulich richtig und vertretbar ist, rd. 1/5 des von ihm gesamtstädtisch für die nächsten 21 Jahre ermittelten „Bedarfs“ in Broich/ Speldorf an einem Punkt vorzusehen. Das stellen wir in Frage.
Ein Ratsbeschluss in der vorgelegten Form würde die Verwaltung gemäß §1 Absatz 6 Nr. 11 des Baugesetzbuches bei allen Bauleitplanverfahren gesetzlich verpflichten, die im Handlungskonzept Wohnen 2024 genannten Zahlen zu den angeblich in Zukunft benötigten Wohneinheiten zu berücksichtigen. Damit würden auch die aktuell geplanten 650 bis 680 Wohneinheiten für die Parkstadt Mülheim als wesentlicher Bestandteil der Berechnungen indirekt als „gesetzlich zu berücksichtigen“ festgeschrieben. Mit dieser Festschreibung würde auch das Bauvolumen in Höhe und Dichte für den Neubaubereich der Parkstadt festgelegt!
Einwände gegen die geplante Bauhöhe und Baudichte waren aber 2022 mit die Hauptanliegen der Eingaben aus der frühzeitigen Bürgerbeteiligung und der Petition der Bürgerinnen und Bürger, insbesondere Speldorfs und Broichs. Diese Einwände gegen die Bauhöhe und Baudichte bestehen auch nach den geringfügigen Änderungen des Bebauungsplanes heute unverändert!
Mit diesem Beschluss zum vorliegenden Handlungskonzeptes Wohnen 2024 würde sich der Rat ausdrücklich gegen den deutlich formulierten Willen eines Großteils der Bürgerinnen und Bürger Speldorfs und Broichs stellen und versprochene Bürgerversammlungen zu den Bauplänen der Parkstadt ad absurdum führen. Das wäre ein eklatanter Vertrauensbruch bezogen auf die gemachten Versprechungen von Politik und Verwaltung und gefühlt „ein Schlag ins Gesicht der Bürgerinnen und Bürger“.
Anregung
Die Beschlussvorlage für den 05.12.2024 sollte zurückgenommen und in eine Berichtsvorlage umwandelt werden, damit für Ratsmitglieder und Bürgerschaft Zeit und Gelegenheit bleibt, die vielen Einwände, die von Fachleuten inzwischen gegen die grundlegenden Daten des Handlungskonzeptes vorgebracht werden, zu prüfen.
Durch die Umwandlung der Beschlussvorlage lediglich in eine Berichtsvorlage könnte auch der im Raum stehende schwerwiegende Vorwurf einer „Präjudizierung des Handlungskonzeptes“ bezüglich unqualifizierter und räumlich nicht verifizierter Vorgaben der investorenseitig gewünschten Anzahl der Wohneinheiten (Stichwort „Gefälligkeitsgutachten“) vorerst entkräftet werden. Gleichzeitig würde die immanente Infragestellung der noch anhängigen Bauleitplanverfahren sowie der bevorstehenden Öffentlichkeitsbeteiligungen entfallen.
Wir bitten um Berücksichtigung unserer Eingabe zum nächsten Sitzungstermin des Rates am 05.12.2024.
Bitte bestätigen Sie den frist- und formgerechten Eingang dieser Mail.
Vielen Dank und mit freundlichen Grüßen
Prof. Dr. Gerald Lux 45478 Mülheim a.d. Ruhr
Reiner Geßwein 45479 Mülheim a.d. Ruhr
Michael Taube 45479 Mülheim a.d. Ruhr
(für das Netzwerk Parkstadt Mülheim … aber richtig!)
Wirklich gut! Lieben Dank!