Für eine zukunftsweisende Bebauung des ehemaligen Tengelmann-Geländes

Kategorie: Hochhausbau (negative Beispiele)

Negative Beispiele: Hochhaus IT.NRW in Düsseldorf

In der Düsseldorfer Bankstraße – fast gegenüber der Kindertagesstätte der jüdischen Gemeinde – erhebt sich das im Zeitraum 1969 bis 1979 gebaute Hauptgebäude des Landesbetriebs Information und Technik NRW. Es verfügt über 4 Sockelgeschosse auf dem 14 weitere Hochhausgeschosse stehen und ist damit niedriger als die für das ehemalige Tengelmann Gelände geplanten „drei akzentuierenden Hochhäuser“ mit 18 Geschossen.

Das Video zeigt den Blick auf die Gebäudestruktur von der gegenüberliegenden Straßenseite.

 

Das Gebäude entspricht dem Brutalismus der damaligen Zeit und wurde vom Architekten Gottfried Böhm aus Köln Marienburg erstellt, der 1986 als erster deutscher Architekt mit dem Nobelpreis der Architektur, dem Pritzker Preis ausgezeichnet wurde.
Dennoch ist seine Architektur nicht unumstritten: Zwischen 1966 und 1974 hatte Böhm im Auftrag der Aachener Wohnungsbau- und Siedlungsgesellschaft (AWSG), die noch heute Eigentümerin der Bauten ist, die Seeberg-Siedlung in der Kölner Trabantenstadt Chorweiler entworfen, über die AWSG heute sagt: „Was der Architekt sich gedacht hat, funktioniert nicht, …, die Qualität der Architektur mag da sein, aber Häuser sind in erster Linie für die Menschen da.“

Das Pempelforter „rostige Hochhaus“ wird als Büro genutzt. Es befindet sich als Solitär zwischen Wohn- und Geschäftshäusern mit einer Höhe von 4 bis 6 Geschossen. Es steht unmittelbar an der Straße, braucht und hat aber viel Abstand zu den Nachbarn. Viel mehr, als auf dem gesamten früheren Tengelmann Gelände möglich wäre.

 

 

 

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Negative Beispiele: Neue Heimat – diverse Objekte

Neue Heimat – Objekte in Bremen (Neue Vahr), München (Neuperlach), Stade (Altländer Viertel) und viele weitere

Fehlende Einschätzungen zur Bevölkerungsentwicklung, unrealistische Vorstellungen über geeignete Wohnstrukturen, auf Gier und Vorteile der Wohnungsbaugesellschaft ausgerichtete Wachstumsziele und fehlende Kompetenz der Verwaltung und Politik in den betroffenen Kommunen führten erst zum unaufhörlichen Wachstum der gewerkschaftlichen Wohnungsbaugesellschaft „Neue Heimat“ zum größten Baukonzern Europas und dann zur spektakulären Insolvenz, verbunden mit dem Niedergang der Immobilien.

Sie hatten übersehen, dass der deutsche Wohnungsmarkt ab Mitte der 1970er gesättigt war und bauten jahrelang am Bedarf vorbei. Etliche ihrer gigantischen Siedlungsprojekte endeten als vergammelte soziale Brennpunkte, die später sogar abgerissen wurden. ARD-Sendung „Korruption und Wohnungsbau“ vom 14. Januar 2020

 

Im Jahr 1990 lebten im Stadtteil südlich der Altländer Straße etwa 2500 Menschen, heute sind es rund 1600. Ursprünglich war geplant, dass im Altländer Viertel bis zu 8000 Menschen wohnen können. Genau in dieser Planung lag ein großer Fehler, sagt Stadtbaurat Schröder-Doms: “Das Quartier passt in seiner Gestaltung und Größe einfach nicht zu Stade.” Der Baustil und die Architektur aus der damaligen Zeit würden heute in Stade als Fremdkörper angesehen.Lars Koch, „Stades Sündenfall“, Hamburger Abendblatt, 2. September 2009,

Ihme-Zentrum in Hannover

Auf dem Gelände der ehemaligen 1837 gegründeten Weberei „Zu Linden“ in Hannover, die durch ihr „Velvet“ genanntes Baumwoll-Samt Produkt sowie für ihre Sozialleistungen für die Arbeiter weltweit Berühmtheit erlangte, entstand mit Baubeginn 1972 ein damals als wegweisend gedachtes Einkaufs- und Wohnzentrum mit etwa 60.000 m² Verkaufsfläche und einer in Summe etwa ebenso großen Wohnfläche, die in 23 Geschosse und 860 Wohnungen aufgeteilt war. Namensgeber war der benachbarte Fluss „Ihme“.

Bereits unmittelbar nach der Fertigstellung erwiesen sich die städtebauliche Verheißung eines gesellschaftlichen Fortschritts und rationale Lebensplanung durch hohe Verdichtung als Utopie und das Konzept des Größenwahns aus Stahlbeton als für die reale Wohn-, Arbeits- und Einkaufwelt ungeeignet (siehe Judith Lemke, „Der Klotz des Anstoßes“, FAZ, 10.10.2018): Ankermieter blieben nur wenige Jahre und bereits 1990 sprang die Landeshauptstadt Hannover ein und mietete zur Vermeidung von sozialen Problemen durch Leerstand zunächst 5.000 m² und etwa 10 Jahre später weitere 5.000 m² Fläche als Büros für Teile der Stadtverwaltung und die Stadtwerke an.

Die Eigentümer wechselten ständig. Private Equity Unternehmen (Heuschrecken) reichten sich das Objekt zu Abschreibungszwecken weiter und weiter und Versprechen zu Investitionen wurde nicht umgesetzt.

  • 2000: Engel
  • 2006: Carlyle
  • 2009: Zwangsverwaltung
  • 2015: Intown
  • 2019: Civitas
  • 2022: Sapina

Heute ist das Ihmezentrum verwahrlost.

Die Geschäfte und Menschen sind schon lange weg. Zwischen den nackten Pfeilern wohnen nun die Tauben. An einigen Stellen ist der Beton aufgeplatzt, gelbe Dämmwolle quillt heraus. Die Gehwegplatten sind aufgebrochen, aus den Ritzen sprießt Grün. Die Natur hat in einem Jahrzehnt Verwahrlosung und menschlicher Abwesenheit begonnen, den Bau zurückzuerobern. Ein Greifvogelpärchen hat sich einquartiert, das Jagd auf Tauben macht, und auch Fledermäuse nisten im unbehausten Skelett.“Judith Lemke, 10.10.2018, „Der Klotz des Anstoßes“, FAZ
„Das Ihme-Zentrum wurde 1972 bis 1975 gebaut. 285.000 Quadratmeter Nutzfläche türmen sich über Europas größtem Betonfundament, 100.000 davon sind ungenutzt leer.“Marietta Schwarz, am 02.12.2019, 'Wohnen über bröckelndem Beton' im Deutschlandfunk