Für eine zukunftsweisende Bebauung des ehemaligen Tengelmann-Geländes

Autor: Netzwerk (Seite 6 von 8)

Leserbrief #2 zum Artikel Haus und Grund

Als weitere Reaktion auf den Artikel über Haus und Grund, hat der Mülheimer Architekt Ralf Harsveldt, der sich mit den Themenfeldern Hoch- und Städtebau befasst, erneut einen Leserbrief verfasst.

Sehr geehrte Redaktion ,sehr geehrte Damen und Herren,

auf diese markante Forderung des designierten Geschäftsführers von Haus und Grund reagiert die Fachwelt aus Architekten und Stadtplanern mit Skepsis und Verwunderung. Hochhäuser sind keineswegs das alleinige Konzept zur Lösung des Mangels an Wohnraum und Baugrund, noch stellen sie einen behutsamen Umgang mit verfügbaren Ressourcen zur Erzielung einer klimagerechten Stadt dar.

Nachweislich vorausgegangener Studien konnte aufgezeigt werden, der Freiflächengewinn durch den Bau von Hochhäusern ab dem 5. Obergeschoss unbedeutend ist. Auch das Zitat „Man wird künftig damit leben müssen, dass höher gebaut wird, um alle unterbringen zu können“ oder die Ansicht „ Hochhaus müsse kein Synonym für unwirtliches Wohnen und sozialen Brennpunkt verstanden werden“ hier mit Blick auf Spanien und die Niederlande und dem Verweis auf eine architektonisch ansprechende
Gestaltung durch Fassadenbegrünung, beinhaltet nicht automatisch eine klimagerechte Ressourcen schonende Stadtentwicklung. Nebenbei bemerkt, der ehemalige Dezernent K-H. Bösel versuchte bereits in den frühen 80iger Jahren die Forum-Hochhäuser mittels Ranggerüste zu begrünen, um die tristen Balkonelemente zu kaschieren. Geblieben ist bestenfalls die Petersilie in den Balkonkästen der Bewohner und die halb verrosteten Rankgitter. Fassadengrün gedeiht nicht auf angeschütteten und
verdichteten Baugruben. All diese Attribute als Begriffe für modernes und moderates Wohnen heranzuziehen erweist sich als Etikettenschwindel.

Für alle, die es noch nicht begriffen haben: Hochhäuser sind Klima- und Ressourcenkiller. Sie sind teuer in ihrer Erstellung und in der
Bauunterhaltung. Hochhausbau ist vornehmlich das Portfolio von Immobilienfonds, Aktienanlegern und Wohnungsunternehmen, die mit ihrem eingesetzten Kapital rein Rendite orientiert den Wohnungsmarkt beeinflussen. Erfüllen sich die Profiterwartungen nicht, werden die Objekte aufgeteilt und auf dem freien Wohnungsmarkt angeboten. In diesem Haifischbecken tummeln sich
dann weitere Wohnungsspekulanten. Das Ergebnis ist – wie die Praxis zeigt – eine Vernachlässigung der Bauwerkunterhaltung einhergehend mit Leerstand und Ghettobildung.

Abschließend sei bemerkt, dass die Klientel von Haus und Grund keinesfalls innerhalb der spekulativen und profitorientierten Strukturen des freien Wohnungsmarkts zu finden sind, so ist es verwunderlich, dass sich die designierte Geschäftsführung dem Thema Architektur- und Städteplanung widmet. Der Spagat zur Parkstadt in diesem Zusammenhang ist äußerst deplatziert.

Ralf Harsveldt Architekt BDA

Leserbrief zum Artikel Haus und Grund

Im Artikel über Andreas Noje, den scheidenden Geschäftsführer von Haus und Grund in Mülheim, bezieht dieser eine starke Position für eine Hochhausbebauung in Mülheim.

Als Reaktion darauf hat der Mülheimer Umwelttechnologie-Experte und ehemalige Oberbürgermeisterkandidat Bernhard Leidinger einen Leserbrief an die WAZ verfasst.

 „Mülheim sollte Mut zu Hochhäusern haben“ schreibt die WAZ am Montag 12.12.2022 und zitiert dabei Andreas Noje, den Leiter von Haus und Grund, der ganz ohne Not eine Positionierung seiner Gesellschaft in der Diskussion um die „verdichtete Wohnbebauung mit akzentuierenden Hochhäusern“ in der Parkstadt Mülheim durchführt. Ja, wenn es dem Esel zu wohl wird, geht er aufs Eis, sagt ein Sprichwort, und das ist sehr dünn, denn zwischen Mut und Dummheit verläuft nur ein sehr sehr schmaler Grat.

Warum sollen die Nachbarn der Parkstadt den Mut haben, diese in der dargestellten Form zu akzeptieren? Sollte sich bewahrheiten, dass es tatsächlich wie befürchtet soziale Probleme mit den Bewohnern geben wird, dass die Verkehrs- und Parklogistik zusammenbricht und dass eine Chance zur klimafreundlichen Bebauung mit Holzwerkstoffen und Photovoltaikdächern sowie begrünten Fassaden vertan wird, lässt sich im Nachhinein nichts mehr ändern.

Ist es noch Mut oder bereits Dummheit, für die neue Bebauung des ehemaligen Tengelmanngeländes eine Extrapolation der bestehenden Gebäudehöhen von 3 bis 6Geschossen auf 12 bis 18 Geschosse durchzuführen? Wäre es nicht weniger riskant, einen Mülheim-weit gültigen Bebauungsplan zu definieren, der für alle unbebauten  sowie nach jedem Abriss eines Bestandsgebäudes in jeder Straße und in jedem Ortsteil – auch Holthausen und Mintard – mindestens 4 Vollgeschosse vorschreibt? Warum sollen nur die Nachbarn der Parkstadt mit den Auswirkungen der Wachstumsfantasien der Verwaltung und der Politik konfrontiert werden? Sind sie Einwohner zweiter Klasse?

Stellungnahme der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Openpetition.de

3 von 13 Mitgliedern der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Mülheimer Stadtrat haben mit gleichlautendem Text zur Anfrage über openpetition.de Stellung bezogen:

Gerne kommen wir Ihrem Wunsch nach, Ihnen unsere Position zum Neubaugebiet „Parkstadt“ schriftlich zukommen zu lassen.
Wir als GRÜNE Fraktion in Mülheim sehen unsere Aufgabe darin, das Wohl der Allgemeinheit, also aller Einwohner und Einwohnerinnen unserer Stadt, zu fördern und zu bewahren. Dazu gehört, dass wir bei den jeweiligen kommunalpolitischen Fragestellungen die Interessen und Belange aller unmittelbar Beteiligten in unsere eigene inhaltliche Positionierung einfließen lassen.
Um diesen Ansprüchen Genüge zu tun, sind wir derzeit in der Phase des Einleitungsbeschlusses im Austausch mit Fachleuten, Gremien und der Verwaltung. In diesem Zusammenhang betrachten und hinterfragen wir insbesondere

  • die Anzahl der Wohneinheiten,
  • die Höhen der geplanten Bebauung und
  • die städtebauliche Anpassung ins bestehende Quartier
  • die Anbindung und Auswirkungen der damit verbundenen Verkehre,
  • die ökologischen und klimatischen Auswirkungen der Planungen
  • die energetische Versorgung und Ausstattung des Geländes mit emissionsfreien Quellen.

Ein gutachterlich anspruchsvolles Verkehrskonzept, das aus unserer Sicht auch die Prüfung einer Schienenanbindung enthalten sollte, stellt eine wichtige Grundlage dar. Ebenso die Bewertung ökologischer Belange und Nachhaltigkeitsziele des Bauvorhabens. Gleichzeitig betrachten wir jedoch auch die angespannte Situation des Wohnungsmarktes (die sich derzeit als krasser Wohnungsmangel an bezahlbarem Wohnraum darstellt) und auch unseren eigenen Anspruch, den Flächenverbrauch aller Bauprojekte zu verringern. Sie werden sich erinnern, dass wir einige dieser Aspekte bereits im Rahmen der Bürgersprechstunde am 11.10.2022 haben anklingen lassen.
Diese Bürgersprechstunde mit Ihren Vertreterinnen und Vertretern war für uns informativ und bereichernd. Wir versichern Ihnen, dass wir Ihren Wunsch nach einer innovativen, sozial- und klimaverträglichen baulichen Realisierung auf dem ehemaligen Tengelmann-Gelände unterstützen und im Einvernehmen mit unserem Kooperationspartner das Sinnvolle mit dem Machbaren verbinden wollen.
Gerne möchten wir auch zukünftig mit Ihnen in Kontakt bleiben.Openpetion.de

Stellungnahme von OB Bucholz auf openpetition

Herr Oberbürgermeister Marc Buchholz hat zur Anfrage auf openpetition Stellung genommen.

Im laufenden Bauleitplanverfahren gibt es geregelte Mitwirkungsmöglichkeiten für Betroffene und Interessierte. Grds. wird Kommunalpolitik die Entscheidung zu treffen haben, ob Mülheim Freiflächen für Wohnungsbau versiegeln will oder ob in verträgliche Höhe gebaut werden kann. Wie hoch Hochbauten zu genehmigen sind wird die jetzt laufende öffentliche Diskussion am Ende zeigen.Openpetion.de

Stadtleben Ellener Hof

Ein gutes Beispiel, wie heute zukunftsfähige urbane Quartiere geplant werden sollten. In Bremen scheint man zumindest aus den katastrophalen Erfahrungen der Großwohnsiedlung Neue Vahr gelernt zu haben.

Leserbrief WAZ vom 18.11.2022

Leserbrief zum Thema:
Versiegelung muss ein Ende haben.

Die Darlegungen im Leserbrief des Kollegen K. Diedrichs, dass die Anzahl der Geschosse und der damit mögliche Vorschub zur gesellschaftlichen Debatte zur Entstehung eines sozialen Brennpunktes nichts gemein haben, möchte ich widersprechen. Auch der Hinweis auf Recherchen über Hochhäuser auf Plattformen wie Google und Co zeigt erneut, dass die Fachwelt von schönen gerenderten Fotos im Netz beeinflusst wird. Fotos von Hochhausfassaden (Greenbuilding) mit intensiver Begrünung sind sicherlich die schönen Ausnahmen. Broich ist nicht mit Mailand, London, Amsterdam oder Paris vergleichbar.

Es besteht die Gefahr, dass für all dieser suggerierten Details in Mülheim kein Geld vorhanden sein könnte. Im Ergebnis ist zu befürchten, dass sich eine derartige kolossale Verdichtung, gepaart mit Wohntürmen von 10 bis 18 Geschossen, nicht von der Betonklotzarchitektur der 70iger Jahre in der Innenstadt (Forum) unterscheiden wird.

Mit Verwunderung nehme ich die Milchmädchenrechnung hinsichtlich des Versiegelungsgrades zur Kenntnis, die sich auch in den Köpfen der Lokalpolitik widerspiegelt, jüngst in der Stellungnahme der FDP-Fraktion als Antwort auf den offenen Brief des Netzwerks „Parkstadt – aber richtig“ zum Tengelmann-Gelände.

In einem 50 Meter hohen Gebäude wird nun einmal nur die Hälfte der Fläche versiegelt (pro m2 Wohnfläche wie in einem 25 Meter hohen Gebäude mit gleichen Außenmaßen oder wie aus der Politik zu hören „Weniger Außenwände bedeuten auch weniger Verlust an Wärmeenergie in die Umgebung Gleichzeitig werden auch weniger Ressourcen für den Bau benötigt. Hier gilt der Spruch: Meine Decke ist dein Boden.

Diese Aussagen sind polemisch und gehen an der Realität vorbei. Die Behauptung mit Hochhäusern ließe sich mehr Grün (Freiraum) schaffen ist irreführend!
Unter Hinweis einer Studie der asaz.arbeitsgruppe städtebau+architektur zürich heißt es,

Den unbedeutenden Freiflächengewinn durch Geschosshäufung ab 4 Geschossen wiesen schon vor hundert Jahren, und auch später, immer wieder Architekten und Städteplaner nach. Dieser mathematisch belegte Sachverhalt würde sich, wenn ihn Architekten verstehen wollten, auf die Planung fundamental auswirken.1

Hochhäuser eignen sich nicht für Familien mit Kindern und deren Wohlbefinden. Die Anonymität stellt eine gesellschaftliche Gefahr dar. Hochhausbau ist nicht ressourcenschonend. Der Anteil an grauer Energie durch die aufwendige Gebäudekonstruktion (Statik, Brandschutz) und Gebäudetechnik ist um ein Vielfaches größer.

Ralf Harsveldt Architekt BDA

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1) Quelle: Roland Rainer, Heinrich Serini, Fritz Schumacher, Martin Steiger, Hans Marti, Werner Jaray, u.a. 2020-01-27 Broschüre Hochhaus50/30

Jenfelder Au in Hamburg

In Hamburg-Wandsbek wurde auf einem 35ha großen Gelände ein Wohnungsbauprojekt realisiert, das der allgemeinen Vorstellung einer Parkstadt entspricht.

Stellungnahme der CDU-Fraktion auf Openpetition.de

8 von 14 Mitglieder (Stand: 23.11.2022) der CDU-Fraktion im Mülheimer Stadtrat haben mit gleichlautendem Text zur Anfrage über openpetion.de Stellung bezogen:

Vorneweg: Für mich und meine Fraktion ist es ganz entscheidend, dass mit dem Abschluss des Planungsprozesses der „Parkstadt“ ein hochwertiges, ansprechendes, für den Stadtteil verträgliches und der Nachhaltigkeit verpflichtetes Wohn- und Gewerbegebiet entsteht. Hierfür werde ich mich während des Planungsprozesses einsetzen.

In Mülheim an der Ruhr sind wir alle ganz am Anfang eines langen Entwicklungsprozesses zu dem privaten Investor-Projekt „Parkstadt“.
Planungsrechtlich wird das Projekt mit einem Bebauungsplan flankiert, für den es im mehrstufigen Verfahren als ersten Schritt einen Einleitungsbeschluss des Rates gibt und der mit einer weiteren intensiven Bürger-und Anliegerbeteiligung fortgesetzt wird. Es folgen in den nächsten Jahren noch der Offenlage- sowie der entscheidende Satzungsbeschluss des Rates.

Ausgangslage ist zunächst der vom Investor initiierte und getragene städtebauliche Wettbewerb, der einen Sieger-Entwurf zum Parkstadt-Areal als planerisches Zwischenergebnis hatte.

Ich habe die bei verschiedenen Anlässen, u.a. in der ersten Informationsveranstaltung Anfang September 2022, geäußerte Kritik zum Sieger-Planentwurf als konstruktive Anregungen und Hinweise zu einzelnen Plan-Elementen erfahren, die im noch lange andauernden Planungsverfahren einfließen werden.

Nach den Zusagen des Investors ist im weiteren Planungsprozess eine enge planerische Abstimmung zwischen den Projektentwicklern und den städtischen Planern fest vorgesehen.
Meine Fraktion wird das Verfahren eng begleiten. Gerne stehen wir jederzeit auch für einen weiteren Austausch und Gespräche zur Verfügung.

Ich gehe als kommunaler Entscheidungsträger im Rat der Stadt Mülheim an der Ruhr davon aus, dass der Sieger-Entwurf noch entscheidend verändert wird und die Hochhaus-Planungen in dem aktuell geplanten Umfang und die Vorstellungen einer zu massiven Wohnbebauung am Ende so nicht Wirklichkeit werden.Openpetion.de

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