Als weitere Reaktion auf den Artikel über Haus und Grund, hat der Mülheimer Architekt Ralf Harsveldt, der sich mit den Themenfeldern Hoch- und Städtebau befasst, erneut einen Leserbrief verfasst.

Sehr geehrte Redaktion ,sehr geehrte Damen und Herren,

auf diese markante Forderung des designierten Geschäftsführers von Haus und Grund reagiert die Fachwelt aus Architekten und Stadtplanern mit Skepsis und Verwunderung. Hochhäuser sind keineswegs das alleinige Konzept zur Lösung des Mangels an Wohnraum und Baugrund, noch stellen sie einen behutsamen Umgang mit verfügbaren Ressourcen zur Erzielung einer klimagerechten Stadt dar.

Nachweislich vorausgegangener Studien konnte aufgezeigt werden, der Freiflächengewinn durch den Bau von Hochhäusern ab dem 5. Obergeschoss unbedeutend ist. Auch das Zitat „Man wird künftig damit leben müssen, dass höher gebaut wird, um alle unterbringen zu können“ oder die Ansicht „ Hochhaus müsse kein Synonym für unwirtliches Wohnen und sozialen Brennpunkt verstanden werden“ hier mit Blick auf Spanien und die Niederlande und dem Verweis auf eine architektonisch ansprechende
Gestaltung durch Fassadenbegrünung, beinhaltet nicht automatisch eine klimagerechte Ressourcen schonende Stadtentwicklung. Nebenbei bemerkt, der ehemalige Dezernent K-H. Bösel versuchte bereits in den frühen 80iger Jahren die Forum-Hochhäuser mittels Ranggerüste zu begrünen, um die tristen Balkonelemente zu kaschieren. Geblieben ist bestenfalls die Petersilie in den Balkonkästen der Bewohner und die halb verrosteten Rankgitter. Fassadengrün gedeiht nicht auf angeschütteten und
verdichteten Baugruben. All diese Attribute als Begriffe für modernes und moderates Wohnen heranzuziehen erweist sich als Etikettenschwindel.

Für alle, die es noch nicht begriffen haben: Hochhäuser sind Klima- und Ressourcenkiller. Sie sind teuer in ihrer Erstellung und in der
Bauunterhaltung. Hochhausbau ist vornehmlich das Portfolio von Immobilienfonds, Aktienanlegern und Wohnungsunternehmen, die mit ihrem eingesetzten Kapital rein Rendite orientiert den Wohnungsmarkt beeinflussen. Erfüllen sich die Profiterwartungen nicht, werden die Objekte aufgeteilt und auf dem freien Wohnungsmarkt angeboten. In diesem Haifischbecken tummeln sich
dann weitere Wohnungsspekulanten. Das Ergebnis ist – wie die Praxis zeigt – eine Vernachlässigung der Bauwerkunterhaltung einhergehend mit Leerstand und Ghettobildung.

Abschließend sei bemerkt, dass die Klientel von Haus und Grund keinesfalls innerhalb der spekulativen und profitorientierten Strukturen des freien Wohnungsmarkts zu finden sind, so ist es verwunderlich, dass sich die designierte Geschäftsführung dem Thema Architektur- und Städteplanung widmet. Der Spagat zur Parkstadt in diesem Zusammenhang ist äußerst deplatziert.

Ralf Harsveldt Architekt BDA