In der WAZ wurde heute ein Artikel mit Bezug auf die Pressemitteilung vom 04.01.23 veröffentlicht. Online ist der Beitrag nicht hinter der Bezahlschranke versteckt.
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Bereits am 23.12.2022 haben wir das nachfolgende Schreiben erhalten:
Sehr geehrte Damen und Herren des Netzwerks „Parkstadt Mülheim… aber richtig“,
Sehr geehrter Herr Lux,
die Entwicklung des ehemaligen Tengelmann-Areals zählt in den kommenden Jahren zu einem der wichtigsten Stadtentwicklungsprojekten der Stadt Mülheim an der Ruhr. Auf dem rund 13 ha großen Gelände soll mit der Parkstadt Mülheim nach und nach ein lebendiger, klimaresilienter und für alle offener Stadtteil entstehen.
Die Neuorientierung des Projektareals samt seiner vorhandenen imposanten Bausubstanz wurde bereits 2020 mit dem initiierten Ankauf durch die SORAVIA Group GmbH eingeleitet.
Als weiterer Schritt wurde auf Grundlage des Siegerentwurfes des im Jahre 2021 durchgeführten städtebaulich-freiraumplanerischen Wettbewerbs im Mai dieses Jahres der Bebauungsplan „Parkstadt Mülheim – Y 13“ eingeleitet.
In diesem Zusammenhang erhielten auch die Bürger und Bürgerinnen die Möglichkeit, sich im Rahmen der frühzeitigen Öffentlichkeitsbeteiligung und des seitens der Verwaltung durchgeführten Informationsmarktes in der Parkstadt Mülheim über die geplante Entwicklung des Areals zu informieren.
Die hohe Beteiligung im Rahmen des Bauleitplanverfahrens hat gezeigt, dass in der Öffentlichkeit einerseits ein großes Interesse an der Entwicklung der Parkstadt Mülheim anderseits aber auch Erörterungs- und Weiterentwicklungsbedarf besteht.
Vor diesem Hintergrund hat sich die Verwaltung dazu entschieden, einen Projektbeirat Parkstadt Mülheim zu installieren, der den weiteren Planungs- und Entwicklungsprozess für die Parkstadt Mülheim konstruktiv und engmaschig begleiten soll.
Der Projektbeirat wird sich aus Vertretern und Vertreterinnen der Verwaltung, des Projektentwicklers, des Planungsteams sowie Politik und Öffentlichkeit zusammensetzen und zu unterschiedlichen Themenschwerpunkten tagen.
Für die ersten beiden Sitzungen können Sie sich bereits folgende zwei Termine notieren:
xx.01.2023 (konstituierende Sitzung) und
xx.02.2023 (Thema: Städtebau/Höhenentwicklung)
Die Sitzungen finden jeweils von 17:00 Uhr – 20:00 Uhr im Casino der Parkstadt Mülheim statt. Die offizielle Einladung zu der jeweiligen Sitzung wird Ihnen vorab zugesandt.
Damit der Projektbeirat arbeits- und handlungsfähig bleibt, ist eine Beschränkung der Teilnehmenden erforderlich. Daher bitte ich Sie, dem Amt für Stadtplanung und Wirtschaftsförderung, Frau Herbermann (xxx@muelheim-ruhr.de), bis zum 11.01.2023 Ihre Teilnahme am Projektbeirat zu bestätigen bzw. eine Vertretung zu benennen,
welche stellvertretend für Ihre Gruppierung an den Sitzungen des Projektbeirates teilnehmen wird.
Ich würde mich freuen, mit Ihnen gemeinsam die Entwicklung der Parkstadt Mülheim weiter voranzubringen.
I.V.
Felix Blasch
[Anm.: Der Original-Text wurde vom Administrator entsprechend der Vorgaben des Rats für deutsche Rechtschreibung angepasst.]
Die nachfolgende Pressemitteilung haben wir in der vergangenen Woche heraus gegeben.
Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Kolleginnen und Kollegen,Vor dem Hintergrund der vom österreichischen Immobilien-Konzern Soravia auf dem ehemaligen Tengelmann-Gelände vorgeschlagenen verdichteten und hohen Bebauung stellt sich die Frage nach einem für ganz Mülheim geltenden Konzept zum Umgang mit Hochhausprojekten. Das „Netzwerk Parkstadt Mülheim – aber richtig!“ fordert deshalb die Entwicklung eines Hochhausrahmenplans für die Stadt. Dieser sollte die Grundlage für weitere städtebauliche Entwicklungen sowie für politische Entscheidungen sein, wenn es um den Bau von Hochhäusern in Mülheim geht.
Andere Städte haben schon vor Jahren weitsichtig ihren Bestand an Hochhäusern dokumentiert und arbeiten zusammen mit allen Beteiligten – insbesondere mit der Öffentlichkeit – an einvernehmlichen Lösungen, sobald es um Hochbauprojekte geht. Das beste Beispiel dafür ist in Nordrhein-Westfalen-Westfalen die Landeshauptstadt Düsseldorf.Unserer Einschätzung nach sollte die Stadt Mülheim an der Ruhr schnellstens eine solche architektonische Inventur vornehmen und einen Hochhausrahmenplan erarbeiten. Erst dann wäre die Diskussionsgrundlage geschaffen, auf der man Projekte wie die sogenannte „Parkstadt Mülheim“ beraten könnte.
Bitte finden Sie in der Anlage unsere aktuelle Pressemitteilung zu ihrer redaktionellen Nutzung.
Netzwerk „Parkstadt Mülheim – aber richtig!“ fordert Hochhausrahmenplan
Ziel: Stadtentwicklung strategisch steuern – Vorbild könnte Düsseldorf seinMülheim an der Ruhr, 04.01.2023 – Mit einem konkreten Strategievorschlag zur weiteren baulichen Gestaltung der Stadt Mülheim startet das „Netzwerk Parkstadt Mülheim – aber richtig!“ ins neue Jahr. Es fordert die Entwicklung eines Hochhausrahmenplans, welcher das gesamte Stadtgebiet umfasst und bedarfsorientiert sowie an das jeweilige architektonische und soziale Umfeld angepasst ein zentrales Steuerungselement der städtebaulichen Entwicklung sein sollte. Vorbild könnte die Landeshauptstadt Düsseldorf sein, die bereits seit vielen Jahren einen solchen Hochhausrahmenplan besitzt und ihn mit allen Beteiligten – insbesondere mit der Stadtöffentlichkeit – regelmäßig fortschreibt.
Unternehmensberater Dr.-Ing. Bernhard Leidinger plädiert für ein städtebauliches Gesamtkonzept, das Bebauungen mit so markanten Gebäuden, wie es Hochhäuser sind, regelt: „Mülheim zählt mit seinen über die Stadt verteilten zahlreichen Bauten vom Anfang des letzten Jahrhunderts und insbesondere mit seinen Repräsentationsbauten in der Stadtmitte und an der Ruhr zu den städtebaulichen und architektonischen Kleinodien. Mit einem solchen Erbe muss man vorsichtig, respektvoll und professionell umgehen, auch vor dem Hintergrund aktueller Herausforderungen wie Wohnbedarf und Klimaverträglichkeit. Die
Dimensionen müssen im Kontext der jeweiligen Umgebungsbebauung gewahrt bleiben.“
Leidinger, der 2003 bei der Kommunalwahl in Mülheim als Kandidat der CDU für das Amt des Oberbürgermeisters antrat, engagiert sich zusammen mit kritischen Mülheimer Bürgern, darunter Architekten und Städteplaner, im „Netzwerk Parkstadt Mülheim – aber richtig!“ Der informelle Zusammenschluss kritisiert insbesondere die vom österreichischen Immobilienkonzern Soravia vorgelegten Pläne für eine Bebauung des ehemaligen Tengelmann-Geländes zwischen den Mülheimer Stadtteilen Broich und Speldorf. Hier ist eine verdichtete Hochbebauung anvisiert, welche im Mülheimer Stadtgebiet ihresgleichen sucht.„Die vorliegenden, unter dem schönfärberischen Namen ‚Parkstadt Mülheim‘ rangierenden Planungen entbehren bislang faktenorientierter Grundlagen“, sagt Leidinger. „Es gibt weder eine Wohnbedarfs-, noch eine Mobilitäts- und Verkehrsanalyse von Seiten der Kommune. Es fehlen also wesentliche Elemente einer strategischen städtischen Gesamtplanung, in die sich ein so großes und prominentes Baufeld wie das ehemalige Tengelmann-Areal auch architektonisch angemessen eingliedern könnte. Professionell ist das von Seiten der Stadtverwaltung nicht. Andere Kommunen machen vor, wie es geht.“
Der Ingenieur verweist dabei auf die nordrhein-westfälische Landeshauptstadt Düsseldorf, welche alle Hochhausvorhaben im Stadtgebiet bündelt und im Dialog mit den Beteiligten bewertet. Leidinger: „Besonders wichtig ist, dass sich die Bürger ernst genommen fühlen und mitgenommen werden. Dies ist beim Projekt ‚Parkstadt Mülheim‘ nur vordergründig der Fall. Hier scheint erstaunlicherweise der Investor mit seiner profitorientierten dichten Hochbebauung die Sympathien der Stadtspitze zu genießen.“
Es dürfe nicht sein, dass Stadtteile mit Verweis auf gefühlten Wohnraumbedarf gegeneinander ausgespielt werden, so Leidinger. „Jedes professionell geführte Unternehmen macht vor wichtigen Entscheidungen erst einmal eine Inventur und eine Bedarfsanalyse.
Dazu gehören im Falle Mülheims beispielsweise die Modellierung der erwarteten Bevölkerungsentwicklung in den kommenden Jahrzehnten, das Zusammenspiel zwischen Wirtschaft und Wohnbedarf sowie die soziale und städtebauliche Verträglichkeit mit der Umgebung. Daraus ließe sich dann ein Rahmenplan entwickeln, um die Frage zu beantworten: ‚Wollen wir Hochhäuser, und wenn ja, wo?‘ Dies alles vermisst man in Mülheim.“Vor diesem Hintergrund fordert das Netzwerk „Parkstadt Mülheim – aber richtig!“ einen städtischen Hochhausrahmenplan, bevor über den für das Projekt „Parkstadt Mülheim“ notwendigen neuen Bebauungsplan für das ehemalige Tengelmann-Gelände beraten und abgestimmt werden kann. Leidinger: „Hochhausbebauung muss nicht prinzipiell schlecht sein, aber sie muss ins Umfeld passen. Was Soravia in der österreichischen Hauptstadt Wien an Wolkenkratzern baut, mag dahin passen. Nach Mülheim und besonders in die Stadtteile Speldorf und Broich passt eine solche Bebauung ganz bestimmt nicht.“
In der Düsseldorfer Bankstraße – fast gegenüber der Kindertagesstätte der jüdischen Gemeinde – erhebt sich das im Zeitraum 1969 bis 1979 gebaute Hauptgebäude des Landesbetriebs Information und Technik NRW. Es verfügt über 4 Sockelgeschosse auf dem 14 weitere Hochhausgeschosse stehen und ist damit niedriger als die für das ehemalige Tengelmann Gelände geplanten „drei akzentuierenden Hochhäuser“ mit 18 Geschossen.
Das Video zeigt den Blick auf die Gebäudestruktur von der gegenüberliegenden Straßenseite.
Das Gebäude entspricht dem Brutalismus der damaligen Zeit und wurde vom Architekten Gottfried Böhm aus Köln Marienburg erstellt, der 1986 als erster deutscher Architekt mit dem Nobelpreis der Architektur, dem Pritzker Preis ausgezeichnet wurde.
Dennoch ist seine Architektur nicht unumstritten: Zwischen 1966 und 1974 hatte Böhm im Auftrag der Aachener Wohnungsbau- und Siedlungsgesellschaft (AWSG), die noch heute Eigentümerin der Bauten ist, die Seeberg-Siedlung in der Kölner Trabantenstadt Chorweiler entworfen, über die AWSG heute sagt: „Was der Architekt sich gedacht hat, funktioniert nicht, …, die Qualität der Architektur mag da sein, aber Häuser sind in erster Linie für die Menschen da.“
Das Pempelforter „rostige Hochhaus“ wird als Büro genutzt. Es befindet sich als Solitär zwischen Wohn- und Geschäftshäusern mit einer Höhe von 4 bis 6 Geschossen. Es steht unmittelbar an der Straße, braucht und hat aber viel Abstand zu den Nachbarn. Viel mehr, als auf dem gesamten früheren Tengelmann Gelände möglich wäre.
Links:
Marc Buchholz: Der Siegerentwurf geht jetzt in die Überarbeitung. [...] Ich persönlich gehe davon aus, dass der überarbeitete Entwurf zwar weiterhin Hochbauten ausweisen wird, aber in deutlich weniger Massivität.
Als das frühere Tengelmann Gelände aufgrund des Wegzugs des Unternehmens zur Verfügung stand, gab es mehrere zeitgleich gemachte Feststellungen:
- Mülheim leidet unter Wohnungsnot. Es gibt bereits in Mülheim wohnende Mitbürger ohne Wohnung. Und es gibt eine Vielzahl von potenziellen Neubürgern, die gerne nach Mülheim ziehen würden und gewerbesteuerpflichtigen Business mitbringen würden, wenn wir nur freie Top-Wohnungen für diese Topverdiener-Gruppe verfügbar hätten.
- Es gibt in Mülheim einige wenige Industriebrachen, die aufgrund ihrer Lage und der Altlastsituation im Boden grundsätzlich für Wohnbebauung geeignet sind. Um möglichst viele Wohnungen auf diesen Flächen errichten zu können, braucht es eine „vertikale Verdichtung“.
- Es gibt einen Investor mit Hochhauskompetenz in der mondänen Stadt Wien, der dem Anschein nach fähig ist, attraktive Wohngebäude zu errichten.
Als Vorgespräche zum Ergebnis kamen, dass diese drei Punkte zueinander passen, erwarb der Investor das Gelände und schrieb einen Wettbewerb unter Architekturbüros aus, der als Vorgabe eine große Wohnfläche und eine große Gebäudehöhe vorgab, die beide keinen Bezug zur bestehenden Nachbarbebauung haben und die ohne neuen Bebauungsplan keine Möglichkeit zur Realisierung haben.
Es wurde opportunistisch eine Lösung gefunden, frei nach dem Motto: wir haben eine Chance und müssen sie ergreifen, solange sie besteht.
So entstehen die meisten perfekte Lösungen, die an den Menschen, die sie nutzen sollen, vorbeigehen und die daher unbrauchbar sind: strategie- und konzeptlos.
Es fehlt die strategische Planungsebene. Vor der Antwort auf die Frage:
- „Wie soll dieses Grundstück bebaut werden?“
müssen viele Fragen beantwortet werden, die so klingen wie
- „Was sind die Anforderungen der Bürger?“,
- „An welchen Stellen im Stadtgebiet lassen sie sich erfüllen?“,
- „Gehen die Wünsche der heutigen Bürger vor, oder die der für die Zukunft erwarteten Zureisenden?“ und
- „Was ist für die jeweiligen Nachbarn akzeptabel?“.
Politik und Verwaltung sind für die Bürger da. Diese müssen gefragt werden und nur das, was diese wollen, darf umgesetzt werden.
Im Rahmen einer strategischen Weiterentwicklung der Bebauung der Stadt Mülheim an der Ruhr ist es insbesondere viel zu kurzsichtig, nur ein Baufeld zu betrachten, wenn plötzlich Gebäude errichtet werden sollen, die mehr als 5-mal so hoch sind, wie die unmittelbare Bestandsbebauung.
Es fehlt ein stadtweiter quartiersspezifischer mit Öffentlichkeitsbeteiligung aufgestellter Hochhausrahmenplan.
Erst wenn dieser vorliegt, darf über Einzellösungen nachgedacht werden. Der aktuelle Vorschlag einer Hochhausbebauung auf dem früheren Tengelmann Gelände bleibt in allen Teilen unprofessionell, solange es diesen Hochhausrahmenplan nicht gibt. Ein gutes Beispiel dafür, wie er aussehen kann, ist der Hochhausrahmenplan der Stadt Düsseldorf, der im Zeitraum 2018 bis 2022 erstellt wurde und der den bisherigen Hochhausrahmenplan von 2004 ersetzt. Information zur Vorgehensweise und zum Ergebnis hat die Stadt Düsseldorf veröffentlicht.
Mülheim verfügt weder über einen Hochhausrahmenplan aus den vergangenen Jahren noch über eine Aktualisierung, die für die Jahre 2022 ff passt. Hier besteht enormer Handlungsbedarf, bevor die Planung für einzelne Grundstücke und damit rechtliche Veränderungen durch individuelle grundstücksbezogene Bebauungspläne beschlossen werden können, die dort Hochhäuser zulassen, wo bislang nur eine 3 bis 6-geschossige Bebauung besteht.
Der Hochhausrahmenplan beginnt mit einer Analyse des Bedarfs, denn wenn es keinen Bedarf gibt, braucht es auch keine Hochhäuser. Die Kernfragen, die in diesem Rahmen zu beantworten sind lauten:
- Wie entwickelt sich die Bevölkerung in Mülheim in den nächsten 30 bis 50 Jahren?
- Wie wird ein mögliches Wachstum für Mülheim vor dem Hintergrund der demographischen Situation begründet? (Hinweis: das statistische Bundesamt beschreibt 4 Varianten, von denen die Maximalvariante einer Stagnation entspricht und die Minimalvariante von einem Abschmelzen um 20% bis 2070 ausgeht).
- Wie viele Wohnungen werden zusätzlich benötigt?
- Wer soll darin wohnen?
- Wo wohnt sie/ er heute (Stadtteil in Mülheim, Nachbarstadt oder weiteres Umfeld)?
- Welche Anforderungen hat sie/ er an Wohnweise und Komfort sowie an Kosten?
- Was ist bei potenziellen Neubürgern deren Motivation, nach Mülheim zu ziehen?
- Was ist bei potenziellen Neubürgern die Motivation der Stadt die bestehenden Einwohner durch eine Hochhausbebauung zu verärgern?
- Falls Frage 8 mit „Industrie- und Gewerbeansiedlung“ beantwortet wird: Welche Erfolgsparameter außer der Wohnsituation kann Mülheim im Vergleich zu anderen Städten bieten?
- Falls Frage 8 mit „Industrie- und Gewerbeansiedlung“ beantwortet wird: Hätte Valourec den Standort in Mülheim nicht aufgegeben, wenn auf dem früheren Tengelmann Gelände „schlanke akzentuierende Hochhäuser“ gestanden hätten?
Liegt aufgrund der Beantwortung obiger Fragen ein belastbares numerisches Gerüst vor, so geht es inhaltlich weiter:
- Was muss geschehen, damit die numerisch validierte Wohnungsnot gelöst werden kann?
Dazu muss zunächst die ergänzende Frage beantwortet werden:
- Welche Wohnflächen sind je betrachtetem freien oder frei werdenden Grundstück der Stadt Mülheim an der Ruhr möglich, ohne den bestehenden Bebauungsplan zu ändern oder einen neuen aufzustellen, und welcher Anteil des Wohnbedarfs lässt sich damit lösen?
Jetzt muss für den verbleibenden Bedarf Stadtteil für Stadtteil und Freifläche für Freifläche betrachtet werden und im ersten Schritt bestehende und potenzielle Freiflächen analysiert werden. Kernfragen sind:
- Was sind die möglichen Auswirkungen einer potenziellen Verdichtung auf das soziale Umfeld, auf die Infrastruktur der kommunalen Daseinsvorsorge (Schulen, Kindergärten, Altenheime, Einkaufszonen, Feuerwehr, Straßen, öffentliche Parkflächen, ÖPNV, …) und die sonstigen Bedürfnisse?
- Was sind die Auswirkungen auf das Stadtbild bei vertikaler Verdichtung?
- Was sind die Auswirkungen auf das Stadtbild bei horizontaler Verdichtung?
- Was ist für die jetzigen Bewohner der Nachbarschaft zumutbar?
Danach muss ein Ranking erfolgen, bei dem stadtweit alle betrachteten Flächen in allen Ortsteilen miteinander verglichen werden und alle Vor- und Nachteile untereinander abgewogen werden. Insbesondere sind eine Vielzahl geringfügiger Änderungen der Bebauungspläne einer möglichen Variante mit nur einer singulären aber massiven Änderung gegenüber zu stellen.
Schließlich muss das Ergebnis des Hochhausrahmenplans der Öffentlichkeit vor der Festlegung durch die Politik zur Diskussion mitgeteilt werden.
Dies alles fehlt für Mülheim. Die Stadt hat ihre Aufgabe in der Vergangenheit nicht erfüllt und übersieht auch aktuell diese Notwendigkeit.
Ohne Hochhausrahmenplan aber sind Entscheidungen zu Gunsten einer Aufstellung von Bebauungsplänen, die die Errichtung von Hochhäusern zulassen, nicht diskutabel. Die Voraussetzungen für eine angemessene Auseinandersetzung mit der Thematik müssen erst gegeben sein. Die Schularbeiten müssen begonnen werden.
Fernwärme ist gegenüber dezentral erzeugter Wärme insbesondere dadurch gekennzeichnet, dass ein Anbieter für alle Nutzer die Erzeugung der Wärme vornimmt. Dadurch entstehen sogenannte Skalenvorteile: Mit einem 10.000 kW Heizwerk lässt sich effizienter und umweltschonender Wärme erzeugen, als mit 1.000 Heizungen, die jeweils 10 kW Leistung haben.
Der Nachteil der Fernwärme ist das Erfordernis, die Wärme über eine größere Strecke zu transportieren. Hiermit sind mehr Kosten und Verluste verbunden, als wenn die Wärme direkt aus dem eigenen Keller kommt.
Unter dem Strich spricht aber alles für Fernwärme gegenüber dem Hausbrand, da bei der Fernwärme die Erzeugung und Bereitstellung professionell erfolgt, während die wenigsten Hausbewohner über die Fähigkeiten eines Heizungsinstallateurs verfügen: Alle Betriebs- und Einsatzstoffe entsprechen den aktuellen Anforderungen und die Technologie sowie die Prozesse dem Stand der Technik. Es gibt keine 40 Jahre alten unüberholte Kessel und es gibt keine falsch eingestellten Brenner.
Dennoch wäre es falsch, ein Teilquartier wie die Parkstadt an die Fernwärme anzuschließen: Der Investor spart die Kosten der Eigenversorgung und die Bewohner zahlen später die Kosten für den Wärmetransport von den Erzeugungsanlagen zur Wohnung. Das ist der Grund, warum aktuell Fernwärme bevorzugt wird.
Bei so viel Wohneinheiten wie geplant, entstehen die Synergieeffekte jedoch bereits innerhalb der Bilanzgrenze des Neubaubereichs. Man sollte also wärmeautark bauen! Insbesondere wird es auch nachhaltiger sein, eine eigene Geothermieanlage mit 1.000 m Bohrtiefe zu errichten, statt sich an eine bestehende Erzeugung von Wärme aus Verbrennungsprozessen anzuschließen.
Noch gilt das in den Fernwärmesystemen Deutschlands eingesetzte Biogas als CO2-neutral. An der Mündung des Rauchgasrohrs in die Atmosphäre ist aber nicht mehr erkennbar, woher das emittierte CO2 stammt.
Möglicherweise müssen die Fernwärmeversorger bereits mittelfristig auf die Verbrennung kohlenstoffhaltiger Brennstoffe komplett verzichten. Dann kann die Wärme nur noch über Wärmepumpen aus Solarthermie, aus Geothermie und aus der Luft gewonnen werden. Und das kann man auch selber, wenn man eine derart große Wohngemeinschaft bildet, wie auf dem früheren Tengelmanngelände vorgesehen.
Es wird also dringend empfohlen, eine nachhaltige Wärmeautarkie anzustreben und dafür – wie bereits im benachbarten „Umweltmarkt“ geschehen – auf Geothermie zu setzten. Allerdings sollte die Bohrung 1.000 m betragen und nicht nur 130 m.
Zum Thema Versiegelung schreibt das Umweltbundesamt:
Eine verlorene Wasserdurchlässigkeit lässt sich einfach dadurch kompensieren, dass das Regenwasser nicht in einen Kanal geleitet wird, sondern in unterirdischen Zisternen zwischengespeichert und in trockenen Perioden zur Bewässerung der Gärten genutzt wird. Ein Überlauf der Zisternen mit abwärts gerichteten Sickerleitungen sorgt dafür, dass bei länger andauernden Regenphasen das Wasser wie gewohnt in den Boden gelangt.
Im Falle von Starkregen ist die Aufnahmefähigkeit der Böden ohnehin nicht ausreichend. Das Wasser wird dann stets als Oberflächenwasser zu den bestehenden Kanälen fließen – egal ob es sich um eine Hochhausbebauung oder um eine Bebauung mit 1 1/2-geschossigen Reihenhäuser handelt.
Es wird daher angeraten, ein unterirdisches Zisternensystem zu errichten, bei dem Tauchpumpen die Bewässerung der Gärten ermöglichen und Überläufe mit Sickerrohren dauerhaft die natürliche Aufnahme des Regenwassers durch die Böden gewährleisten.
Reihenhaussiedlungen haben darüber hinaus typischerweise Gärten, in denen die Bewohner aktiver gärtnerisch tätig sind, als die Bewohner von Hochhäusern. Der Verlust von Bodenfruchtbarkeit ist damit eher ein Hochhausproblem, als ein Problem, welches durch niedrige Bebauung entsteht.
In der WAZ vom 31.12.2022 wurde ein weiterer Leserbrief veröffentlicht
Wenn man liest, dass für die Bebauung des Lindgens-Areals vier Wohnblöcke mit einer drei- bis fünfgeschossigen Bebauung vorgesehen sind, dann stellt man sich die Frage, was die Stadtverwaltung nebst Planungsdezernenten bezüglich der Bebauungspläne hinsichtlich der Parkstadt im Stadtteil Broich umtreiben.
Eine Bebauung mit mehreren bis zu 60 Meter hohen Hochhäusern ist städtebaulicher Schwachsinn. Hat man aus dem Bau der damaligen Iduna-Hochhäuser keine Lehren gezogen? Verkehrsprobleme bei rund 800 neuen Wohnungen sind vorprogrammiert,
Von möglichen sozialen Problemen mal abgesehen. Hier sollte die Stadtverwaltung um des Bürgerfriedens Willen ein Veto einlegen und analog dem Lindgens-Areal ebenfalls nur eine Bebauung ohne Hochhäuser zulassen.
Ulrich Gürtler